Albert Camus, Der Fall.

Heute gibt es eine Buchempfehlung des Schriftstellers Albert Camus. Das Buch lautet Der Fall und es handelt vom Scheitern und von verlorenen Illusionen.

Heute gibt es eine Buchempfehlung des Schriftstellers Albert Camus. Das Buch lautet Der Fall und es handelt vom Scheitern und von verlorenen Illusionen. Aber lest das Buch von Albert Camus bis zum Ende, vielleicht zeigt es gerade als Beispiel von Scheitern und falschen Illusionen, wie wir lernen können, nicht zu scheitern.

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Paris: Ein 40 – jähriger Mann namens Clemence muss feststellen, dass er sein Leben in Schein lebt. Er muss feststellen, dass seine große Hoffnung, ein guter und wohltuender Mensch zu sein, nichts weiter als ein egoistischer Drang war. Ausgelöst wird diese Kehrtwende mit einer Situation in Paris: Er sieht wie eine Frau sich selbst töten möchte. Clemence, erdrückt und erstarrt, greift nicht ein. Er kontaktiert niemanden.

Daraufhin hört er ein Lachen, das ihn bis zu seinem Ende quälen wird – Ein Lachen, das wie ein Urteil auf ihn einhämmert. All die Vorstellung und das sich selbst befriedigende Leben, ein guter Mensch zu sein, wird mit diesem einen Ereignis zerstört. Nach diesem Ereignis ändert er seinen Namen, er ändert seinen Wohnort in der Hoffnung einem anderen Leben entgegen zu treten. Das Lachen aber wird ihn weiterhin verfolgen. 

Aber eben, ich befand mich auf der richtigen Seite, das genügte für meinen Seelenfrieden. Das Bewusstsein des guten Rechts, der Genugtuung, recht zu haben, das Hochgefühl der Selbstachtung -das, Verehrtester, sind Triebfedern, mächtig genug, uns Haltung zu geben oder vorwärts zubringen. Berauben Sie die Menschen dagegen dieses Antriebs, und Sie verwandeln sie in wutschäumende Hunde.

Albert Camus, Der Fall, S. 23.

In seinem Buch Der Fall beschreibt Camus die Geschichte eines scheinbaren Wohltäters, der mit einem Ereignis in seinen Grundsätzen hinterfragt wird und feststellen muss, dass er nicht der wohltuende gute Mensch war, für den er sich gehalten hatte. Er muss feststellen, dass er ein Leben der Scheinhaftigkeit lebte. Seine Hoffnung geht verloren. Damit verliert Clemence jeglichen Halt. 

 – Das Tückische an der Hoffnung wird hier geschildert. Clemence zeigt einen Charakter, der sein Leben blind nach diesem Prinzip der Hoffnung hinterherläuft, um dann festzustellen, dass er wahrhaftige Moralität nicht besitzt. Seine Freundlichkeit löst sich auf, weil nun sein Selbst infrage gestellt wurde. In diesem Moment des nicht Eingreifens siegt sein Egoismus selbst am Leben zu bleiben. Er scheitert zutiefst. Auch sein Versuch altruistisch zu sein, ist gescheitert. Mit 40 Jahren begreift er, dass er im Schein lebte. Das Ereignis der Frau sieht er als Zeichen und sein Nichthandeln wird durch Rache in Form des immerwiederkehrendem Lachens verdeutlicht.  Als Philosophin denke ich dabei auch an Henri Bergson und seine Theorie über das Lachen und die Komik.

Was können wir nun von dieser Geschichte lernen? Warum schreibe ich darüber?

Vielleicht helfen Albert Camus und seine Philosophie der Absurdität dabei, zu begreifen, dass alles keinen Sinn macht und die Hoffnung im Alltag bleiben darf.

Camus zeigt uns die Möglichkeit zu scheitern. Er zeigt uns, dass wir mit Fehlern geboren werden und dass wir uns nicht dazu zwingen sollten ein Ideal anzustreben, welches wir mit Hoffnung niemals erreichen können.

Clemence ist so sehr auf sein perfektes Imitat als guter und moralischer Mensch fixiert, dass er die Realität und die Alltagssituationen nicht mehr anerkennt und diese auch nicht mehr zu schätzen weiß. Dadurch verliert er sich und vor allem seine Ziele und Ideale. Er kann diese gar nicht mehr greifen, weil er sich im Denken darüber verliert.

Ich denke auch, dass wir damit lernen können an unseren Idealen zu arbeiten und daran scheitern dürfen und je früher wir diese Option des Scheiterns, des Hinfallens, des nicht Konsequenz Seins anerkennen, werden wir weniger Scheitern, leichter Hinfallen und vor allem lernen konsequenter zu sein. Warum? Weil wir nicht einem unerreichbaren Ideal hinterher streben, das uns so sehr im Alltag einnimmt, dass wir den Blick der Alltäglichkeit verlieren. 

Ideale und Ehrgeiz verbeißen. Sie zerstören Leichtigkeit und vor allem zerstören sie den Tatendrang, diese Ideale auch wirklich umzusetzen, weil sie Angst und Furcht vermitteln. Es klebt die Auswirkung einer idealistischen Form von Hoffnung…

Aber vielleicht kann ein Lachen, ein gemeinsames Lachen auch Bände lösen und vielleicht kann auch ein Lachen positiv gewertet werden. Nicht als Auslachen, wie es Clemence verstanden hätte, sondern als ein Mitlachen, ein über das Scheitern Lachen, damit wir beim nächsten Mal weniger Scheitern und aber auch bereit sind wieder zu scheitern immer wieder und wieder und wieder…


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Eine Antwort zu „Albert Camus, Der Fall.”.

  1. Avatar von Sind wir immer fremd? Über Der Fremde von Albert Camus – Moving Drafts

    […] ich bereits den Fall interpretiert hatte, wollte ich mir nun den Fremden vornehmen. Das Buch wurde 1967 von Luchino […]

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