Ein Beitrag über Hannah Arendt´s Mensch und Politik
Arendt, die politische Theoretikerin analysiert in den folgenden beiden Essays das Verhältnis von Mensch und Politik. Das Reclam Buch „Mensch und Politik“ besteht aus zwei Schriften von Arendt. Der erste Essay: “Der Mensch als gesellschaftliches und politisches Wesen wurde als Vorabdruck aus dem Werk Vita activa 1960 veröffentlicht. Der zweite Essay: Freiheit und Politik war ein Vortrag in Zürich aus dem Jahr 1958.
Im ersten Essay behandelt Arendt das Verhältnis von Gesellschaft, Öffentlichkeit und dem politischen Empfinden. Sie will darin vor allem beleuchten, was für eine funktionierende Gesellschaft notwendig ist und wie wir den Bereich des Politischen verstehen dürfen. Dabei zeigt sie, dass Denken und Handeln die grundlegenden Eigenschaften des Menschseins und damit die notwendigen Bedingungen für eine funktionierende Gesellschaft sind. Erst durch das Denken können wir Handeln und ohne das Handeln sei das Denken nur in seiner Theorie verharrt. Dabei geht sie später auch auf die Rolle des Privaten und des Öffentlichen ein und zeigt als Historikerin den Wandel der Bedeutung dieser beiden Begriffe.
In ihrem zweiten Essay beleuchtet sie die Grundlagen für Denken, Handeln und damit die Möglichkeit des Politischen: Freiheit.
Arendt war eine politische Theoretikerin, keine Aktivistin und keine Philosophin. Sie war im Zwischenbereich, um genau diese Verbindung von Denken und Handeln in ihrem Dasein zu leben. Diese Distanzierung von reiner Politik und von reiner Philosophie sowie die Verbindung von Denken und Handeln ist eines der Hauptmerkmale und Grundlagen des Denkens von Hannah Arendt. Erst mit diesem Verständnis lassen sich weitere Gedanken und Theorien wie die über Freiheit verstehen. Die gegenwärtige Bedeutung ihrer Werke und ihrer Gedanken bleibt bis zum heutigen Zeitpunkt und gerade im heutigen Zeitpunkt enorm.
Der Mensch als gesellschaftliches und politisches Wesen
„Politisch zu sein, in einer Polis zu leben, das hieß, dass alle Angelegenheiten vermittels der Worte, die überzeugen können, geregelt wird, und nicht durch Zwang oder Gewalt. Andere durch Gewalt zu zwingen, zu befehlen statt zu überzeugen, galt den Griechen als eine gleichsam präpolitische Art des Menschenumgangs […].“
HANNAH ARENDT: Mensch und Politik, in: Reclams Universal – Bibliothek Nr. 19465, DITZINGEN 2017, s. 12f.
Denken und Handeln
Arendt präsentiert ein Menschenbild das sich aufteilt in Handeln (Vita activa) und Denken (Vita contemplativa). Dabei will sie zeigen, dass für eine politische Teilhabe und damit eine funktionierende Gesellschaft Denken und Handeln jedes einzelnen Menschen nicht voneinander getrennt werden können.
Öffentlichkeit
Arendt will verdeutlichen, dass alles Handeln in der modernen Gesellschaft auf politisches Handeln zurückzuführen sei. Das heißt innerhalb einer Gesellschaft gibt es allein politisches Handeln. Das Öffentliche ist dabei ein Raum, der es in funktionierten Gesellschaften dem Menschen ermöglicht, sich in seinem politischen Handeln und Reflektieren zu entfalten. Konkret heißt das: Alles was wir tun, wenn wir in einer Gemeinschaft leben, ist politisch. Die einzige Ausnahme könnte die Distanzierung der Gesellschaft als Einsiedler oder Eremit sein – aber selbst das geht einem politischen Handeln voraus, nämlich der Entscheidung gegen gesellschaftliche Teilhabe.
Freiheit und Politik
Die Bedingung für diese Bereiche der politischen Teilhabe ist – so Arendt – Freiheit.
Der zweite Teil des Reclam Buches handelt von Arendt´s Vortrag Freiheit und Politik. Darin heißt es zu Beginn:
„Über das Verhältnis von Freiheit und Politik in einem Vortrag zu sprechen, ist nur möglich, weil auch ein Buch nicht ausreichend wäre, es angemessen zu behandeln. Denn Freiheit, die nur sehr selten – in Revolution-und Krisenzeiten – zum direkten Zweck politischen Handelns wird, ist eigentlich der Sinn dessen, dass es so etwas wie Politik im Zusammenleben der Menschen überhaupt gibt.“
Ebd., S. 48.
Arendt behauptet Freiheit ist die grundlegende Voraussetzung für Politik. Nur durch Freiheit erhält der Mensch die Möglichkeit an Teilhabe, an Öffentlichkeit und damit eine Möglichkeit sich zu äußern und politisch zu sein. So schreibt sie:
„Man kann nicht über Politik sprechen, ohne immer auch über Freiheit zu sprechen, und man kann nicht von Freiheit sprechen, ohne immer schon über Politik zu sprechen. Wo das Zusammenleben der Menschen nicht politisch organisiert ist – […]ist es nicht von Freiheit, sondern von der Notwendigkeit des Lebens und der Sorge um seine Erhaltung bestimmt; und wenn die von Menschen erstellte Welt nicht der Schauplatz politischen Handelns wird – […]-, hat Freiheit keine weltliche Realität.“
Ebd., S. 49.
Gerade in Zeiten der Unruhe, und des Umschwungs wie Revolutionen, Umstürze oder große gesellschaftliche Veränderungen zeigt sich für die Gesellschaft die notwendige Bedeutung von Freiheit. Dadurch werden, so Arendt, Menschen aktiv und treten versucht für ihre Freiheit ein.
Was Freisein bedeutet und wann Menschen frei sind, zeigt sich vor allem im folgendem Zitat:
„Frei sein können Menschen nur in Bezug aufeinander, also nur im Bereich des Politischen und des Handelns; nur dort erfahren sie, was Freiheit positiv ist und dass sie mehr ist als ein Nicht-gezwungen-Werden.“
Ebd., S. 48.
Denken und Handeln sind zwei notwendige Voraussetzungen und Bedingungen für politisches Handeln. Das können wir von Arendt in einer Zeit von politischen Veränderungen, in einer Zeit von zunehmender Unsicherheit und vor allem von Umwälzungen lernen.
Wir sprechen oft über philosophische Begriffe, ohne die Bedeutungen und die Ursprünge dieser Begriffe ausreichend zu begreifen oder zu untersuchen. Das ist allerdings notwendig, um überhaupt über diese Begriffe zu sprechen und vor allem um sie zu kritisieren oder um sie in ihrem Verhältnis und in ihrer Bedeutung des jeweiligen Zeitpunktes zu begreifen.
Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir über Begriffe sprechen, nachdem wir sie untersucht, erforscht und begriffen haben. Gleichzeitung muss dadurch das Handeln eintreten. Das eine bedingt notwendig das andere.
Literatur und Literaturempfehlungen:
Hannah Arendt, Mensch und Politik, in: Reclams Universal – Bibliothek Nr. 19465, Ditzingen, 2017.


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